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Schirmdorf

Erste Erwähnung:1347
Einwohner 1939:816
Fläche:858 ha
Landkreis:Zwittau
tschech. Name:Semanín
Karte Schönhengstgau x
Schirmdorf

Glockenturm Im Sommers berühmter Topographie zum Königreich Böhmen, die 1837 in Prag erschien, finden sich zu Schirmdorf folgende Zeilen: "Schirmdorf, zwei Stunden (Fußmarsch) von Leitomischl, am Fuß des Schirmdorfer oder Koslower Berges, an einem kleinen Bache, und an der Straße von Leitomischl nach Landskron, Dorf von 100 Häusern mit 781 deutschen Einwohnern, ist nach Abtsdorf eingepfarrt und hat eine vom Grafen Johann Friedrich von Trautmannsdorf im Jahr 1696 neu erbaute, aber schon 1547 bestandene Filialkirche zu St. Bartholomäus, welche ein von der Gemeinde gestifteter Kaplan versieht, eine im Jahr 1819 erbaute Schule und zwei Mühlen. Schirmdorf ist der Geburtsort des im 16. Jahrhundert berühmten Professors der Mathematik an der Prager Universität, Niklas Sud von Semanín."

Schirmdorf wird erstmals 1347 als "villa zirmeri" erwähnt, die Gründung des Ortes ist aber wohl schon um 1250 im Rahmen der von Leitomischl ausgehenden Besiedlung erfolgt. Damals gab es im Ort neben dem Freirichter mit Mühle und Schenke 15 Bauern. Diese Quelle nennt aber die kleinen Leute nicht, da die nicht abgabenpflichtig waren. Der Ort war seit alters her ein Handwerkerdorf mit einer reichen Töpferzunft, die von den Hauswebern abgelöst wurde. Nach dem Bau der Eisenbahn von Prag nach Olmütz und Brünn (zwischen 1840 und 1850) gab es im Ort viele Eisenbahner, Telegrafen- und Telefonarbeiter. Die Bauern verloren ihre Nebeneinkünfte durch Fuhrwerk und Vorspann auf der alten Handelsstraße, die durch den Ort zur Mauthstation Leitomischl führte.

Glockenturm Schirmdorfs Kirche, in den Hussitenkriegen zerstört, wurde nach dem Schwedenkrieg neu erbaut. Der Glockenturm blieb im Friedhof neben der Kirche und im kleinen Turm hing nur die Sterbeglocke, die die Töpferzunft 1609 gestiftet hatte. Die Pfarrei wurde 1830 eingerichtet, nachdem der Ort bis dahin zur Pfarrei Abtsdorf gehört hatte. Die neue dreiklassige Volksschule ist 1879 erbaut, nachdem die alte einklassige Schule aus dem Jahr 1819 für die 150 Schüler nicht mehr genügte. Im gleichen Jahr wurde die Feuerwehr gegründet und ein Spritzenhaus errichtet, ausgestattet mit Hand- und Motorspritze.

Die Schirmdorfer Chronik berichtet: "Vom 14.-21.September 1860 fand die 500-jährige Jubiläumsfeier der Leitomischler Dekanatskirche zum Hl. Kreuz statt. Die Bewohner von Schirmdorf beteiligten sich in großer Zahl an dieser Jubelfeier. Im Jahre 1861 kam ein Gendarmerieposten nach Abtsdorf. Im Juni 1863 herrschten so starke Fröste, dass die Kartoffeln im Tale größtenteils abfroren, was aber der Ernte keinen erheblichen Schaden zufügte. In der Kirche wurden viele Reparaturen durchgeführt. Die beim Bau der Rohrdecke unabsichtlich beschädigte Orgel wurde vom Orgelbauer Augustin Spanel aus Rokotnitz um einen halben Ton höher gestimmt und wieder in Ordnung gebracht. Die Choreinfassung wurde gleichzeitig neu staffiert. Außerdem stifteten Wohltäter der hiesigen Gemeinde einen neuen Lüster und einen Kreuzweg, durch den die Kirche ein bedeutend freundlicheres Aussehen erhielt.

1864 war ein sehr kaltes Jahr und selbst der Sommer sehr kühl. Besonders die Zwetschgen wurden sehr spät, an manchen Stellen überhaupt nicht reif. Ende Oktober traf man noch stehenden Hafer auf den Feldern an. Im August waren schon starke Fröste. Trotzdem war es ein gesegnetes Jahr. Das Getreide war sehr billig. Am 19. Mai 1866 kam die erste Einquartierung österreichischer Husaren. Alle Häuser, Ställe, Scheunen und Schupfen waren mit Soldaten überfüllt. Dieser Zustand dauerte länger als 4 Wochen. Vom 17.-25. Juni waren die Durchmärsche österreichischer Truppen so stark, dass die Straße von Schirmdorf nach Abtsdorf und der Gemeindeweg von Schirmdorf nach Böhmisch Trübau nie leer wurden.

Am 1.August 1878 fuhr Kronprinz Rudolf auf der Reise nach Prag durch Böhmisch Trübau. Der Tag war schulfrei. Viele Schirmdorfer erwarteten seine Ankunft auf dem Bahnhof. Am 24. April des selben Jahres wurden um die Kirchhofmauer anlässlich des 30jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers 23 Gedenk- oder Kaiserbäumchen gepflanzt. Das Jahr 1882 war sehr ungünstig für die Landwirtschaft. Der Winter war schneelos und besonders mild. Das Frühjahr begann sehr bald, so dass am 19. März bereits Sträucher und Bäume ansetzten. Diese vorzeitige Entfaltung geriet jedoch durch die nach Ostern eingetretene Kälte, begleitet mit Schneefall, ins Stocken. Dadurch wurden so manche Hoffnungen auf eine gute Ernte zerstört."

Neben dieser Gemeindechronik ist von Schirmdorf auch die Schulchronik erhalten, die ab etwa 1850 geführt wurde. Sie findet sich in zwei Bänden im Schönhengster Archiv in Göppingen.

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