Wachtl
Erste Erwähnung: | 1553 |
Einwohner 1939: | 1612 |
Fläche: | 1106 ha |
Landkreis: | Mährisch Trübau |
tschech. Name: | Skripov |
besondere Lage: | Sprachinsel Deutsch-Brodek/Wachtl |
Sehenswertes: |
Pfarrkirche Marienkapelle |
Verweise
Das Dorf (es findet sich auch die Schreibweise Wachtel) bestand wohl schon früher, lag aber lange verödet und kommt um 1560 zu neuem Leben. Erwähnt findet es sich erst ab dieser Zeit. Aus zuerst 30 Bauernstellen entwickelte sich ein Ort mit 350 Häusern.
Wachtl war bestimmt vom Bauerntum, im 19. Jahrhundert zunehmend von der Hausweberei. Die war fast 150 Jahre das wirtschaftliche Rückgrat der gesamten Sprachinsel. Um 1850 zählte die Gemeinde über 300 Webstühle, aber mit dem Aufkommen der Textilindustrie verfiel die Hausweberei zunehmend.
Allerdings erlangte gegen 1900 die sog. "Toledo-Stickerei" eine gewisse Prominenz. So nannte man ein Sticken nach aus Spanien mitgebrachten Vorlagen. Diese Art der Heimarbeit betrieb die gesamte Sprachinsel. In Zeiten ihrer Hochkonjunktur waren allein in Wachtl 450 Frauen und Mädchen damit beschäftigt. Die Stickerei wurde erträglich bezahlt und trug Einiges zum bescheidenen Wohlstand der Gegend bei. Nach dem 1. Weltkrieg verfügte Wachtl sogar über einen bekannten Industriebetrieb: die Hutfabrik der Berta Müller mit 40 Beschäftigten.
Zur Pfarrkirche in Wachtl berichtet der Chronist: "Im Jahre 1785 wurde die schon 1741 vom Grundherrn Xaver Freiherr von Schubirz, Herrn auf Jaromierzitz, errichtete Filialkirche in Schubirzow anläßlich der allgemeinen Vermehrung der Pfarreien selbständig, zugleich wurden die Gemeinden Wachtel und Chubin hierher eingepfarrt. 1790 erbaute sich die Wachtler Gemeinde ohne fremde Unterstützung auf eigene Kosten eine Kirche und die zugehörige Pfarrei. Durch hohen Gubernialbeschluß wurden der Schubirzower Pfarrer und Kooperator 1792 nach Wachtel versetzt. Die Wachtler verlangten aus der Schubirzower Kirche eine Glocke und innere Kircheneinrichtung, die ihnen gehörte, zurück, aber die Schubirzower widersetzten sich der Übergabe. Den Wachtlern ging bald die Geduld aus und sie holten sich noch 1792 an einem Tage, als die Männer aus Schubirzow auswärts auf Robot weilten und niemand zur Verteidigung der Kirche da war, ihr Eigentum selbst. Vielleicht war diese Lösung der Streitfrage von oben herab so eingefädelt worden." [JB-01, S. 222]
Fast ein Wallfahrtsort ...
Das Wachtler Gedenkbuch erinnert mit etwas Ironie an einen Versuch, aus Wachtl ein zweites Lourdes zu machen. Die Kirchenoberen wollten dem freilich nicht entsprechen. Eine Frau mit schillerndem Lebenslauf (Anna Fiedler, die "Kromernazin") brüstete sich zahlreicher Marienerscheinungen und eine Reihe Wachtler Mitbürger nahmen diese gern für bare Münze. Vielleicht wollte man es Reichenau gleich tun, das als Marienwallfahrtsort eine privilegierte Stellung im Schönhengstgau besaß. Zwar blieb dieser Erfolg den Wachtlern versagt, aber immerhin errichtete man 1923 im Niederdorf eine Marienkapelle, die an Bauvolumen alle anderen des Sprachinselchens übertraf. Neben der Kapelle war ein Brunnen, dessen Wasser Heilung bringen sollte.Die Wachtler Bemühungen um höhere kirchliche Weihen finden sich treffend kommentiert bei Huttarsch: "Den rastlosen Bemühungen des Altbauern Fischer und der Spendenfreudigkeit einiger Bessergestellter gelang es schließlich, 1923 gegenüber dem Hause, in dem die Kromernazin starb, eine stattliche Kapelle zu errichten. Der Mährisch-Trübauer Bildhauer Brieslinger schuf für den Altar eine überlebensgroße Marmorstatue der Maria, wie sie nach den Angaben der Kranken ausgesehen haben soll. So erhielt Wachtl zwar keine große, die Pilgerzüge anziehende Wallfahrtskirche, aber immerhin ein sehenswertes sakrales Gebäude, das an eine den Volksglauben stark strapazierende Zeit erinnert." [RH-01, S. 38f]