Nieder Johnsdorf
Erste Erwähnung: | 1332 |
Einwohner 1930: | 601 |
Landkreis: | Landskron |
tschech. Name: | Dolní Třešňovec |
Nach den Urkunden von 1332 waren das damalige Jansdorf und Vogtsdorf die 50 freien Hufen der Stadt Landskron und damit dieser Stadt zinspflichtig. Der Stadtvogt übte über diese Orte auch die niedere Gerichtsbarkeit aus. Das Grundbuch von 1789, mit dem ein älteres Buch von 1564 fortgesetzt wurde, ließ erkennen, daß alle Käufe und Besitzübertragungen vom Landskroner Stadtrat bestätigt werden mußten. Erst 1798 trat die Stadt diese Rechte an den Fürsten ab. Nieder Johnsdorf wurde eine selbständige politische Gemeinde. 1568 tritt uns erstmals die Unterscheidung zwischen Nieder und Ober Johnsdorf entgegen.
Die 1776 errichtete Kapelle steht auf einem Massengrab aus dem 30-jährigen Krieg. Die Gemeinde war nach Landskron eingepfarrt. Die Pieta ist von 1866.
Mathias Stangler aus dem Michelsdorfer Erbgericht erwarb in Nieder Johnsdorf die drei nebeneinanderliegenden Bauernstellen Nr. 14, Nr. 18 und Nr. 21 und bekam vom Grundherrn das erbliche Richteramt verliehen. Vorher bestimmte der Stadtvogt jeweils den Richter. 1789 gab es 97 besetzte Häuser. 1793 wurde die erste Nieder Johnsdorfer Schule als 104. Gebäude errichtet. Erbrichter war damals Anton Stangler. Franz Stangler setzte sich als Abgeordneter der Landgemeinden unter anderem 1861 dafür ein, daß die seit 40 Jahren geplante Straße von Böhm. Trübau über Landskron nach Schilderg gebaut wurde und erwirkte hierfür einen Landesbeitrag von 36 000 Gulden. Die Stadtverwaltung Landskron sprach ihm dafür öffentlich den Dank aus. Aus Großgrundbesitzer, 193 ha, war er nur mit seinem Reitpferd, zuletzt einem Schimmel, auf den Feldern zu sehen. Bei der Viehzählung 1890 wurden in seinem Betriebe 114 Rinder und 10 Zugpferde gezählt. Die Ernte von 30 Schnittern und ebensovielen Abraffern bewältigt.
Während des Krieges 1866 war in Nieder Johnsdorf sehr viel preußisches Militär einquartiert. Beim Abzug mußten die Nieder Johnsdorfer Pferdebauern Fuhrdienste leisten und kamen dabei bis in die Gegend von Wien. 1880 Gründung der Freiw. Feuerwehr; 1926 Motorspritze angeschafft. Gegenüber der 1793 erbauten Schule (vorher nach Landskron eingeschult) entsteht 1894 ein 2-klassiges Schulgebäude mit Lehrerwohnung und sonstigen Nebenräumen, auch einem Turnsaal. Anläßlich der Kaisermanöver im September 1894 am Kaiser Franz Josef I. persönlich nach Nieder Johnsdorf und verlieh auf der Wiese hinter dem Erbgericht einigen Veteranen das goldene Ehrenkreuz. Unter diesen Geehrten war auch Josef Janisch, Ontl Steffa aus Ober Johnsdorf, der sich in der Schlacht bei Solferino/Italien im Juni 1859 durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet hatte. Die Gründungsmitglieder der 1896 gegründeten Raiffeisenkasse waren aus Nieder Johnsdorf, Ober Johnsdorf, Landskron, Olbersdorf und Jokelsdorf. 1907 am noch Laudon als Mitglied dazu. Die Kasse linderte die Not und brachte zu diesem Zweck auf: 101500 Kc für Gemeinden, 85 000 Kc als Kriegsanleiheersatz, 22 800 Kc für Abbrändler, 18 500 Kc für Vereine, 12 600 Kc für Weihnachtsbescherungen, 2 300 Kc für die Brotaktion, 2 000 Kc für Diphterieschutz. Die Nieder Johnsdorfer Raiffeisenkasse war dank der guten Führung die größte ihrer Art in der damaligen CSR.
Eine sehr ernste Situation entstand im Jahre 1905, als das Nieder Johnsdorfer Erbgericht zum Kaufe angeboten wurde. Für die Narodni Jednota (Volkseinheit) in Böhm. Rothwasser war das grünes Licht und Signal zum Handeln. Von den Tschechen wurde jeder Preis geboten, um nur in den Besitz des riesigen Komplexes vor den Toren der Stadt Landskron zu kommen. Dagegen stemmten sich die Bauern Johann Peichl von Nr. 6, sein Sohn Johann von Nr. 95 und Johann Anderle von Nr. 84. Am Ende der Preistreiberei konnten doch die drei volksbewußten Bauern das Erbgericht erstehen, aber um einen sehr hohen Preis. Keiner der drei verfügte über Bargeld. Die Nieder Johnsdorfer Kasse war noch nicht finanzstark genug. So mußte das Geld auf dem Privatmarkt beschafft werden. Die Zinsen verschlangen die gesamte Ernte des Erbgerichts und noch 100 Festmeter Holz. Da sich kein geeigneter deutscher Käufer für den Gesamtbesitz fand, wurden die Felder und Wiesen parzellenweise verkauft, und die Gebäude mit etwas Grund übernahm der Bund der Deutschen in Böhmen im Jahre 1907 für das Waisenhaus. Da das Waisenhaus bis zu seiner Auflösung im Jahre 1941 ständig mit 40-60 Zöglingen belegt war, die zum größten Teil in die Nieder Johnsdorfer Schule gingen, wurde 1909 unter Gemeindevorsteher Johann Peichl von Nr. 95 ein Anbau an die Schule nötig. Für die 34 Opfer des 1. Weltkrieges ließ die Gemeinde im Sommer 1923 ein würdiges Denkmal errichten. 1928 erfolgte die Einleitung des elektrischen Stromes. An der Ostseite von Nieder Johnsdorf hatten einige Landwirte Steinbrüche und Sandgruben. Das geförderte Baumaterial fand in Landskron Verwendung. Die Pferdebesitzer, soweit sie nicht Züchter waren, fuhrwerkten viel in Landskron. Besonders beliebt waren die Jahrmarktfuhren mit den Landskroner Geschäftsleuten in die umliegende Städte und Marktgemeinden, die aber Mitte der Zwanziger Jahre von den Lastauto-Fuhrunternehmern übernommen wurden. Nach dem 1. Weltkrieg war die Viehzucht in Nieder Johnsdorf, dan Waisenhausverwalter August Hofmann, besonders ausgeprägt und ein gutes Exportgeschäft. Im Winter spielte der Bund der Landjugend Theater und die weibliche Jugend bildete sich außerdem in Näh- und Kochkursen weiter. Der letzte Oberlehrer Josef Wondra machte sich um die Raiffeisenkasse sehr verdient.
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