Rathsdorf
Erste Erwähnung: | 1292 (Schurowa) |
Einwohner 1930: | 515 |
Fläche: | 1015 |
Landkreis: | Landskron |
tschech. Name: | Skuhrov (Skuhrov u České Třebové) |
Das Rathsdorfer Wohngebiet liegt in einer Talmulde, die von der oberen
Steinbergstraße in Richtung Böhmisch Trübau verläuft. Vor dem Kirchenbau,
so heißt es, verrichtete das christliche Volk von Rathsdorf die betende
Andacht unter einer großen Linde inmitten des Dorfes. Allerdings wird schon
im 13. Jahrhundert eine Kirche erwähnt. 1740 wurde die Barockkirche St.
Johannes von Nepomuk, eine Filialkirche von Böhmisch Trübau, durch
Wohltäter errichtet und der Kirchturm 1768 gebaut. 1770 wurde die große
Kirchenglocke angeschafft, 1800 die Kalvarienberggruppe von Steinbildhauer
Hanisch aus Landskron, 1841 der Kirchenaltar und 1867 eine Orgel von
Orgelbauer Franz Hanisch aus Jokelsdorf. 1901 wurde die Kirche renoviert
und 1938 die Gemeinde nach Michelsdorf eingepfarrt. Der 1752 angelegte
Friedhof wurde im Jahre 1901 erweitert.
Am oberen Ende der Steinbergstraße befand sich die Statue des hl. Prokop
(19. Jahrhundert) und an der Straße nach Böhmisch Trübau die St.
Michaelsstatue.
1788 wurde die Schule errichtet, nachdem die Kinder zuvor bis nach Knappendorf zur Schule gehen mußten. 1895 wurde ein neues Schulhaus gebaut, die Schule 2-klassig, später 3-klassig.
Die Landwirtschaft hatte 1771/72 infolge einer Mäuseplage und Mißernte, 1842 unter einer großen Trockenheit (Wassernotstand), 1845 unter der Kartoffelfäule, 1880 wegen eines schweren Hagelunwetters und 1891 unter einer Wildschweinplage arg zu leiden. Die schlechte Ernährungslage und die große Teuerung machte es einem Auswanderungsagenten nicht allzu schwer, in den Jahren um 1850 viele Rathsdorfer zur Auswanderung nach Amerika zu bewegen. Viele dieser Auswanderer ließen sich in Wisconsin/USA nieder.
Die Chronik berichtet 1855 von der Cholera in Rathsdorf, 1868 von großen
Sturm- und Windbruchschäden, 1881 von einem ungewöhnlichen Schwalbensterben.
1776 wurde das Forst- und Jägerhaus (Jägerbrunn) erstellt, 1856 durch einen
Neubau ersetzt.
1866 waren 11.000 Kaiserliche und anschließend 8.000 Preußen in
Rathsdorf einquartiert. 1873 wurde die Große Brücke und 1912 die
Dorfstraße gebaut. 1885 wurde eine Feuerspritze angeschafft und
1891 die freiwillige Feuerwehr gegründet, deren Spritzenhaus 1905
gebaut wurde.
1902 wurden Wasserleitungen verlegt, 1920 das Gemeindehaus errichtet.
Im Jahr 1945 fand man im Dorf einen schön bemalten Tonkrug mit
36 Parger Groschen Kaiser Karls IV (1346-78).
Mit dem Steinkratschen hatte Rathsdorf eines der ältesten Wirtshäuser
der ganzen Gegend. In 3 Tanzsälen verschiedener Gasthäuser konnte
die Rathsdorfer Musikkapelle Arnold aufspielen zum Feuerwehrball,
Eisenbahnerball, Holzmacherball, Damenkränzchen, Junggesellenball.
Eine Theaterbühne bestand, desgleichen eine Volksbücherei, der
Fortbildungsverein Fortschritt, der Leseverein, der Bund der Deutschen,
DKV, Jagdverein, landwirtschaftlicher Verein, Notschlachtverein.
Rathsdorf hatte 15 Bauernhöfe, 1 Sägewerk, die Konsumgenossenschaft,
je 3 Gemischtwarengeschäfte, Milchhändler, Herrenschneider, Tischler,
2 Schuhmacher, 2 Wagner, je 1 Bäcker, Schmied, Fahrradhändler
und es besaß eine Poststelle. 12 Männer gehörten dem Grenzdienst an.
An Parteien waren vertreten der Bund der Landwirte, Sozialdemokraten und
christliche Partei.
Der letzte Bürgermeister war Heinrich Matzke, der letzte Leiter der 2-klassigen Schule Oberlehrer Josef Sacher.
[FG-01]