Ober Johnsdorf
Erste Erwähnung: | 1332 |
Einwohner 1930: | 601 |
Landkreis: | Landskron |
tschech. Name: | Horní Třešňovec |
Die Unterscheidung zwischen Ober und Nieder Johnsdorf ist in einer Urkunde
des Jahres 1568 enthalten. Der 30-jährige Krieg hinterließ an der
westlichen Peripherie von Ober und Nieder Johnsdorf 4 Massengräber, die
durch 2 Steinkreuze, eine Kapelle und einen Korpus Christi gekennzeichnet
waren. 1783 wurde eine eiklassige Schule errichtet. Eine zweite Klasse
wurde später eingerichtet. 1802 wird der Erbrichtersohn Franz Schwab
unter mehreren Bewerbern zum ersten geprüften Syndikus der Stadt
Landskron auserwählt. 1812 versank Bauer Ignaz Fiebinger auf dem
Fuhrweg Salzstraße. Als Dank für die geglückte Rettung, ließ er
ein Kreuz errichten. Die erste Auswanderung von Ober Johnsdorf nach
Amerika erfolgte 1853. Zur selben Zeit begann Johann Richter die ersten
Handdreschmaschinen zu bauen; Göpel folgten. Pferde oder auch Kühe
setzten mittels der Göpelstange Dreschmaschine, Häckselmaschine oder
Schrotmühle in Bewegung. Während des Krieges 1866 gab es in Ober
Johnsdorf preußische Einquartierungen. 1867 sind die ersten drei
tschechisch-evangelischen Bauernfamilien in der Gemeinde. 1870 am
das Schankrecht an Johann Schmeiser. 1875 wurde die Wallfahrtskirche
Klein-Mariazell eingeweiht. Sie steht auf dem Kleckersberg an der
Gemarkungsgrenze nach Böhm. Rothwasser. Das Interessante an dieser
Kirche ist, daß der Bau genau auf die Wasserscheide gesetzt wurde,
sodaß das Regenwasser von der linken Dachseite in die Nordsee und das
Regenwasser der von der rechten ins Schwarze Meer fließt. Johnsdorfer
Bauern hatten zum Bau der Kirche beigetragen; auch durch unentgeltliches
Fahren von Baumaterial. Den linken Seitenaltar hatte Tischlermeister
Karl Jahna aus Ober Johnsdorf im gotischen Stil geschnitzt. 1905
stiftete Silvester Koblischke aus Tschenkowitz die Turmuhr. Nach 1918
ließ der Besuch der deutschen Wallfahrer stark nach: im Inneren der
Kirche waren alle deutschen Aufschriften entfernt worden bis auf die
am Opferstock: "Milde Gaben zur Verschönerung des Gotteshauses". 1877
das neue 3-klassige Schulgebäude erstellt. 1878 die Freiw. Feuerwehr
gegründet. Das Ober Johnsdorfer Kirchlein zur Ehre der seligen Jungfrau
Maria auf Erbrichtergrund gebaut und die Glocke aus der alten Kapelle
genommen. Die Bewohner des Oberortes bauten sich ein eigenes Holzkirchlein
im Garten des Bauern Vinzenz Neugebauer von Nr. 44. Die Gemeinde war
nach Landskron eingepfarrt. 1890 1125 Einwohner, davon 118 Tschechen,
die größtenteils in dem an Nepomuk angrenzenden Ortsteil Sebranice
lebten und die Schule in Nepomuk besuchten. 1891 ließ Vorsteher Kohler
auf seinem Erbrichtergrund den Ober Johnsdorfer Friedhof anlegen. Das
Steinkreuz in der Mitte des Friedhofs stifteten die Eheleute Johann und
Johanna Motl.
In Wien fand zur Jahrhundertwende eine Ausstellung der Kunststeinindustrie statt, zu der der Bauer und Sandgrubenbesitzer Wenzel Jahna aufgefordert wurde, Sandmuster einzureichen. Sein Sand wurde als besonders geeignet für die Herstellung von Zementwaren befunden und erhielt den 1. Preis.
Um der ständigen Vertschechisierung Einhalt zu gebieten, wurde auf Betreiben des Oberlehrers Franz Hartmann (1858-1938) im Jahre 1907 der deutsche Kindergarten mit Unterstützung des Deutschen Schulvereins errichtet. 1910 von 1063 Einwohnern 208 Tschechen. 1911 bauten sich die Tschechen im Oberort ein größeres Gebäude, das nach ihren Angaben eine Bäckerei mit Lebensmittelgeschäft werden sollte. Als der Bau fertig war, wollten sie darin die tschechische Schule eröffnen, was ihnen auf Grund ihrer Hinterlistigkeit nicht gestattet wurde.
Im 1. Weltkrieg waren Italiener aus dem Kriegsgebiet um Rovereto und Riva
in Ober Johnsdorf untergebracht. Durch die Aktion Kind zu Gast fanden
Wiener Kinder Aufnahme bei Familien. 1919 wird die bis dahin leerstehende
tschechische Schule eröffnet. Da die erforderliche Mindestzahl
an Schülern für 2 Klassen nicht vorhanden war, wurden Kinder aus
Böhm. Rothwasser herüberbeordert. Erstmals Tschechen im Gemeinderat. Die
Tschechen versuchen alles, um in den Besitz des Kindergartengebäudes
zu kommen. Der Kindergartenausschuß überträgt deshalb zum besseren
Schutze das Grundstück dem DKV in Prag. Dem Kindergarten wird ein
Schülerhort angeschlossen. Wasserleitung gebaut. 1922 Sperrung der
dritten deutschen Volksschulklasse. 1924 Ersatz für die im 1. Weltkrieg
abgelieferte Glocke. 1930 von 985 Einwohnern 327 Tschechen. 1932
anläßlich des 25-jährigen Bestehens des deutschen Privatkindergartens
des DKV, Bezirksverbandstagung des Deutschen Kultur-Verbandes in Ober
Johnsdorf. 1933 Feuerwehrgauverbandsfest in Ober Johnsdorf. Auch der
Bund der Landwirte war aktiv. Im Zuge der Besetzung, der Befreiung, des
Sudetenlandes durch die deutsche Wehrmacht im Oktober 1938 kam es in Ober
Johnsdorf und auch sonst nirgendwo im Kreis zu Zwischenfällen zwischen
Deutschen und Tschechen. Während des Krieges hatten die Tschechen die
selben Rechte wie die deutsche Bevölkerung, brauchten aber nicht zur
Wehrmacht und konnten in aller Ruhe ihrer Arbeit nachgehen.
Letzter Bürgermeister Julius Klecker, letzter Oberlehrer Leopold Klecker.
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