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Reichenau

Erste Erwähnung:1321
Einwohner 1939:1339
Fläche:2358 ha
Gerichtsbezirk:Mährisch Trübau
Landkreis:Mährisch Trübau
tschech. Name:Rychnov
Sehenswertes: ehem. Wallfahrtsort Marienbründl
Pfarrkirche mit Gnadenbild
Reichenauer Berg
Karte Schönhengstgau x
Reichenau

Kirche und Ortsmitte von Reichenau Reichenau war keine Schönhengster Gemeinde wie jede andere. Obwohl in vielem von den allgemeinen Gegebenheiten und geschichtlichen Wandlungen der Sprachinsel geprägt, so widerfuhr Reichenau doch ein Besonders. Am 4. Oktober 1750 erklärte die kirchliche Obrigkeit das Dorf offiziell zum Wallfahrtsort. Das Reichenauer Gnadenbild wurde auf den Hochaltar der Pfarrkirche versetzt.

Über die Ereignisse, die den Anlass dieser Auszeichnung gaben, die Wallfahrt des Lussdorfer Schmieds nach Maria Zell, informiert sehr anschaulich Fritz Glotzmann [GL-01]. Diesen Geschehnissen verdankt Reichenau auch seine reich geschmückte Barockpfarrkirche.

Marienbrünndl Dabei ist die Kirche gar nicht der eigentliche Ort der Verehrung. Der findet sich im Wald, wo unter einem Baum einstens der Schmied Jakob Frantz Heilung von seinen Leiden erfuhr und später eine Quelle entdeckt worden war: das "Marienbründel". Dem außergewöhnlich kalten Wasser dieser Quelle wurde heilspendende Kraft zugesprochen.

Das Marienbründel erfuhr bis zuletzt besondere Aufmerksamkeit und Verehrung. Und nachdem die dortige alte Kapelle im Winter 1928/29 schweren Schaden genommen hatte, tat sich eine Gruppe von Bürgern zur Einwerbung von Spenden für einen Neubau der Kapelle zusammen. Im Februar 1931 erging ein Aufruf: "Am Nordabhange des Reichenauer Berges, mitten im Walde, entspringt eine Quelle, über die vor vielen, vielen Jahren fromme Schönhengster eine kleine Kapelle erbaut haben ... Hunderte von Wallfahrern, Ausflüglern und Freunden der Natur, wandern jährlich zu diesem herrlich gelegenen Ort, um entweder hier ihre stille Andacht zu verrichten, oder um in dem tiefen Waldesfrieden von des Tages Arbeit Erholung zu finden. ... Kein Kenner des Reichenauer 'Maria-Brünnl' wird wollen, daß dieser Ort der Vergessenheit überlassen wird."

Wallfahrts-Kapelle Schon im darauffolgenden Jahr zeigte der Appell Erfolg. "Im Jahre 1932 wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung der ganzen Umgebung von Sr. Exzellenz, dem Weihbischof Dr. Schinzel, die neue Kapelle beim Marienbründel eingeweiht. Alle hatten beigesteuert, um an der Stätte, wo die Reichenauer Wallfahrt ihren Ursprung genommen hat, ein würdiges Gotteshaus erstehen zu lassen. Nun ist es das Ziel vieler Pilger geworden. Aus nah und fern kommen sie; als Wallfahrer, um sich bei der Mutter Gottes Trost zu holen, oder um in dem Kirchlein ein schlichtes Dankgebet zu verrichten. Auch die schöne Lage trägt bei, dass viele Wanderer ihre Schritte dorthin lenken. Bald können wir seinen 200-jährigen Bestand feiern. Hoffen wir, daß bis dorthin das Marienbründel einen neuen Aufschwung genommen hat, sowie einstens als 7 und mehr Priester in Reichenau angestellt werden mußten, um die zahlreiche Pilgerschar betreuen zu können." [OF-01, S. 2]

Ein Phänomen anderer Art war am Reichenauer Berg zu finden. Ein Professor der Mineralogie und Geologie in Breslau beschreibt es im Jahr 1840 so: "Auf der obersten ... Fläche des Gipfels des Reichenauer Berges befinden sich drei Pfützen, die in früheren Jahren viel größer und wasserreicher gewesen sein sollen. ... Die nördlichste dieser Pfützen hat in der Mitte ein tiefes, mit Wasser gefülltes Loch, in welchem man durch eine 6 Klafter lange Stange noch keinen Grund gefunden hat. ... Das darin befindliche Wasser ist meistens in einem ruhigen Zustand; zuweilen aber, vorzüglich im Sommer, steigen Luftblasen daraus empor, welche die ganze Oberfläche mit Perlen bedecken. Wenn diese Erscheinung stattfindet, entsteht oft zugleich im Innern des Berges ein dumpfes Geräusch, einem fernen Kanonendonner ähnlich, welches auf ein paar Meilen weit gehört wird." (zitiert nach [KH-01, S. 10]) Diese Erscheinung war jahrzehntelang Gegenstand wissenschaftlichen Interesses, ohne jedoch abschließend geklärt werden zu können.