Böhmisch Hermersdorf
Mährisch Hermersdorf
Erste Erwähnung: | 1266 |
Einwohner 1939: | 1098 |
Fläche: | 1605 ha |
Landkreis: | Zwittau |
tschech. Name: | Kamenná Horka |
geographische Lage: | N 49°44', O 16°32' |
Verweise
In den Zeiten der Besiedlung des Schönhengstgaues im 13. Jahrhundert
bestimmte der Grundherr für die neuen Ansiedlungen einen Lokator, der
die Besiedlung zu planen und zu leiten hatte. Dafür erhielt der das
vererbbare Vorrecht der niederen Gerichtsbarkeit. Über die Bestellung
des ersten Richters Ulrich und dessen Rechte und Pflichten gibt die am
20. Mai 1266 ausgestellte und noch bis zur Vertreibung im Erbgericht in
Hermersdorf aufbewahrte Gründungsurkunde Aufschluss. Eine Kopie findet
sich im Schönhengster Heimatmuseum in Göppingen.
Hermersdorf war eines jener von der Landwirtschaft geprägten Reihen- oder Waldhufendörfer, wie sie für den Schönhengstgau typisch sind. Auch hier betrieb man später die Hausweberei. Eine Arbeiterschaft im engeren Sinne, die etwa in den Zwittauer Textilbetrieben Beschäftigung war, entstand erst nach dem Ersten Weltkrieg. 1938 machte sie ein Drittel der Erwerbstätigen aus.
Im Hermersdorfer Erbgericht war bis 1945 der unterirdische Fluchtweg vom
Keller des Hofes zur Scheune erhalten geblieben, über den früher viele
Bauernanwesen verfügten. Vermutungen sagen, dass die Übung des Anlegens
dieser Fliehwege aus den Hussitenkriegen stammt und im 30-jährigen
Krieg die Bauernsöhne vor dem Einzug zum zwölfjährigen Kriegsdienst
bewahren sollte.
Eine bau- und dorfgeschichtliche Besonderheit besaß der Ort in Gestalt der Hussitenglocke, die die Jahreszahl 1411 getragen haben soll und im Wehrturm bei der Kirche hing. Sie fiel im Ersten Weltkrieg dem Metallbedarf zum Opfer. Der Hermersdorfer Glockenturm war eines der Wahrzeichen des Schönhengstgaues. Hermann Horntrich hielt ihn in mehreren künstlerischen Arbeiten fest.
Über den Zeitpunkt des Baus der ersten Holzkirche geben keine
Dokumente Auskunft, auch nicht über den der Ablösung durch einen
Steinbau. Dokumentiert ist die Weihe der neuen, vergrößerten und im
barocken Stil gearbeiteten Kirche im Jahr 1748. Im Inneren des der
Hl. Magdalena gewidmeten Gotteshauses standen drei barocke Altäre,
versehen mit reichem Figurenschmuck.
Eine Kuriosität ist, wie bei einigen anderen Orten, die Teilung der Gemeinde durch die böhmisch-mährische Landesgrenze. Böhmisch Hermersdorf, das "böhmische Viertel", war dabei noch bis vor 1938 Teil der Gemeinde Ketzelsdorf.
[HH-01]