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Ketzelsdorf

Erste Erwähnung:1347
Einwohner 1939:1710
Fläche:1700 ha
Landkreis:Zwittau
tschech. Name:Koclírov
Karte Schönhengstgau x
Ketzelsdorf

Ortsansicht Ketzelsdorf entstand als eine der Ansiedlungen unter der Herrschaft der Bischöfe von Leitomischl. 1347 erscheint es urkundlich als eines seiner Güter, zunächst als Cunczdorf, 1412 bereits als Kecendorf. Später findet man auch Kotzendorf oder Kötzendorf. Jedenfalls verweist der Name auf "das Dorf des Kunz". Zur späteren Gemeinde Ketzelsdorf gehörten die Orte Schönhengst und Böhmisch Hermersdorf.

Die Topographie von Johann Gottfried Sommer, die 1837 in Prag erschien, vermerkt über die drei Orte: "Ketzelsdorf hat 182 Häuser mit 1.521 Einwohnern, eine Pfarrkirche zum hl. Jakob, ein Pfarrgebäude, eine Schule und ein stark besuchtes Einkehrhaus. Die Kirche bestand schon 1547, war späterhin eine Filiale der Pfarrei zu Mährisch Hermersdorf, wurde 1770 überbaut und vergrößert, und erhielt 1805 einen eigenen Pfarrer, der aus dem Religionsfonds dotiert ist. Eingepfarrt ist nur das hiesige Schönhengst. ... Schönhengst, am Fuße des gleichnamigen Berges ist ein im Jahr 1620 entstandenes Dorf mit 23 Häusern und 152 Einwohnern, hat ein Wirtshaus. ... Hermsdorf (auch Böhmisch-Hermsdorf) ist ein Dorf von 25 Häusern mit 297 Einwohnern, nach Mährisch Hermersdorf eingepfarrt, mit welchem es zusammenhängt."

Ortsansicht Die Ketzelsdorfer Verhältnisse zwischen 1548 und 1674 lassen sich nachlesen in "Mitteilungen zur Volks- und Heimatkunde des Schönhengster Landes" aus dem Jahr 1925. Dort werden unter dem Titel "Zur Geschichte der deutschen Bauerndörfer der ehemaligen Herrschaft Leitomischl" die Urbare und Steuerrollen dieser Zeit gezeigt und erläutert. Säuberlich ist aufgezeichnet, dass Ketzelsdorf mit 41 Ansässigen (Bauern) 1548 zu Georg und Gallus einen Geldzins zu entrichten hatte, zu Johanni und Weihnachten jedoch keinen. Es stehen auch keine Eintragungen bei den Naturalzinsen und den Robotdiensten. Die Steuerrolle von 1674 vermerkt einen Erbrichter, 37 Bauern und 28 Gärtler. 1654 sind 550 Einwohner gezählt.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts avancierte Ketzelsdorf auf etwas eigenartigen Wegen sogar zum Wallfahrtsort. Ein um diese Zeit dort tätiger Pfarrer hatte die Pfarrkinder zur besonderen Verehrung der hl. Philomena angehalten, der die Kirche geweiht war. Ein zu Besuch weilender Missionar, dem dies gefiel, versprach dem Pfarrer, er wolle in Rom "etwas" für ihn tun. Und tatsächlich kam 1843 ein Schreiben der päpstlichen Nuntiatur in Wien, in dem allen Gläubigen, die in der Zeit "vom Vorabend des Festes der hl. Philomena oder an einem Tag in der dem Fest folgenden Woche die Pfarrkirche in Ketzelsdorf aufsuchen, ein vollkommener Ablass" gewährt wird. Zugleich erhob die kirchliche Obrigkeit das Fest der Heiligen für Ketzelsdorf zu einem kirchlichen Fest erster Klasse. Eines solchen Privilegiums erfreuten sich in der Regel nur berühmte Kirchen oder Wallfahrtsstätten. Jedenfalls sprach sich dieser päpstliche Gunsterweis schnell herum und bereits im Jahr 1844 kamen über 3.000 Wallfahrer zum Philomena-Fest. Wohl nicht zuletzt deshalb konnte sich Ketzelsdorf zu einer der fortschrittlicheren Gemeinden des Schönhengstgaues entwickeln.

Kraetzl-Turm Das zu Ketzelsdorf gehörige Schönhengst am Fuße des Schönhengstzuges entstand 1620 als eine Gründung der Gräfin Polyxenia von Lobkowitz, damalige Verwalterin der Herrschaft Leitomischl und Tochter des Wratislaw von Pernstein, der das berühmte Schloss hatte erbauen lassen. Genaugenommen verteilten sich die 25 Häuser von Schönhengst, von denen zwei Gasthäuser waren, auf drei Gemeinden. Denn zwei der Anwesen gehörten nach Porstendorf, vier zu Hermersdorf, die übrigen zu Ketzelsdorf. Der Ort hatte also nicht nur eine Drei-Gemeinden-Grenze, sondern auch die Ländergrenze zwischen Böhmen und Mähren. Die Bewohner waren in der Landwirtschaft tätig. In einem gut gehenden Sandsteinbruch fertigte man aber auch Bausteine und Futterkrippen. Und im Fürst Liechtenstein'schen Kohlen- und Tonbergwerk, 20 Gehminuten entfernt, konnte man als Bergknappe oder Arbeiter ebenfalls zu Lohn kommen.

[OE-01]