Adlerdörfel
Erste Erwähnung: | 1304 (Reinprechtsdorf) 1588 (Worlitschka) |
Einwohner 1930: | 709 |
Landkreis: | Landskron |
tschech. Name: | Orličky |
Dieses 4 km lange Gebirgsdorf liegt südlich vom Schwarzen Berg und wird 1588 erstmals erwähnt. Auf seiner Gemarkung ist allerdings das 1304 erwähnte Reinprechtsdorf, das im Laufe der Zeit abgegangen zu sein scheint, anzunehmen. Es gehörte 1350 zur Pfarrei Tschenkowitz, wurde nach der Rekatholisierung 1677 von Gabel a.d. Adler versorgt, bis 1767 Tschenkowitz wieder seinen eigenen Pfarrer besaß. 1775-78 ließ Hofrat Schlesinger die Kirche bauen, die dem hl. Johannes von Nepomuk geweiht ist. Im Jahr 1777 wurde Adlerdörfel eine selbständige Kirchengemeinde. Die Johannesstatue auf dem Weg nach Gabel trägt die Jahreszahl 1785. 1795 errichtete Anton Kaeler die Kalvariengruppe.
1786 stiftete Hofrat Schlesinger seiner Heimatgemeinde 500 Gulden zur
Unterhaltung eines Schullehrers. Die spätere 3-klassige Schule wurde
nach dem 1. Weltkrieg 2-klassig, 1925 einklassig und 1938 wieder
2-klassig. Im Unterort bestand eine 2-klassige tschechische Minderheitsschule.
1931 wurde eine Tagesheimstätte vom DKV eingerichtet.
Als die Schulpflicht noch nicht bestand und der Lehrer sehr wenig
verdiente, war ein Adlerdörfler Lehrer bekannt als Hochzeitsbitter
und ausgezeichneter Koch, der bei Familienfesten die feinsten Gerichte
auf die Tafel brachte.
Von alters her leistete das Dorf keine Robot. 12 Löffelschnitzer, 2 Schindelmacher, 4 Wagner, 2 Schuster, 2 Musiker und ein Bauer mit einer Schmiede wurden 1654 genannt. 1718 hatte das Dorf 31 Bauernhöfe. Von den Bauern wurde viel Flachs angebaut. Der Gebirgsflachs war kürzer im Stengel aber besser in der Qualität als der russische Flachs.
1833/34 wurde der erste Abschnitt der Reichsstraße Troppau - Prag, auch polnische Straße genannt, gebaut. Der zweite Abschnitt folgte 1840-42. Die Straße verläuft auf der Anhöhe zwischen Adlerdörfel und Tschenkowitz.
Im Jahr 1848 erhielt Adlerdörfel durch das Hausierpatent (Gesetz) das Vorrecht des Hausierhandels verliehen. Infolge von Mißernten und der schlechten Ernährungslage in den Jahren 1842-48 erfolgte von 1848-52 eine starke Abwanderung ins Deutsche Reich und nach Amerika, die das Dorf immer mehr entvölkerte. Die Bevölkerungszahl war bis 1939 auf 644 Einwohner gesunken, wobei der tschechische Bevölkerungsanteil zugenommen hatte.
Von den Dorfbewohnern wurde bis 1880 die Hausweberei und dann die
Bürsten-, Pinsel- und Besenerzeugung besonders betrieben, daneben
das Drechslergewerbe mit Spezialerzeugnissen. Seit 1899 hatte die
Gemeinde eine eigene Poststelle; hinzu kam eine Telegraphenstation.
Adlerdörfel gehörte zum Gerichtsbezirk Landskron, aber zum
Sanitätsdistrikt Gabel. 1923 entwickelte sich ein reger Fremdenverkehr
und Wintersportbetrieb mit Möglichkeiten von November is April.
Neben den Unterkünften in den Gaststätten wurden von den Sommer-
und Wintergästen (bis aus Prag) die vorhandenen Fremdenzimmer
in den Privathäusern gerne gewählt. Blumengschmückte Fenster und
prangende Wiesen grüßten den Fremden, überaus zahlreiche Bächlein
rauschten als liebliche Dorfmusik von den Hängen des Schwarzen
Berges.
Und im Frühjahr waren die 6 km langen Wiesen übersät von Tausenden
und Abertausenden blühender Schneeglöckchen.
Im Jahr 1928 wurde die Kramarschbaude auf dem Schwarzen Berg gebaut,
die 10 Jahre später in Konrad-Henlein-Baude umbenannt wurde.
Die Bushaltestelle zwischen Adlerdörfel und Tschenkowitz wurde eingerichtet
und eine Wasserleitung gelegt. 1929 erfolgte die Elektrifizierung
des Dorfes.
An Vereinigungen nennen wir die Musikkapelle den DKV, den Bund der Deutschen, die Freiwillige Feuerwehr, den landwirtschaftlichen Verein, die Flachsbaugenossenschaft mit Tschenkowitz und Neudorf, 1904. Neben der Raiffeisenkasse mit Warenvermittlung existierten je 3 Lebensmittelgeschäfte, Schuhmacher, Gasthöfe, davon einer mit Fleischerei und 3 Bürsten- und Pinselerzeuger, 6 Drechsler, 2 Mühlen und je 1 Wagner, Schmied, Schneider, Fleischer und Handweber.
Der letzte Bürgermeister war Justin Schlesinger, der letzte Schulleiter hieß Schuppler.
[FG-01]