Hilbetten
Erste Erwähnung: | 1292 (Brevis Tribovia) |
Einwohner 1930: | 1510 |
Landkreis: | Landskron |
tschech. Name: | Hylváty |
Das Niederdorf, in Richtung Wildenschwert gelegen, hatte städtischen,
das Oberdorf dörflichen Charakter.
In der Mitte des Ortes stand die Schule, das Postamt mit Telegrafenstation
und die Raiffeisenkasse, etwas unterhalb die Kirche, der hl. Anna geweiht.
Neben der Kirche befand sich der Park, gegenüber das Bräuhaus, ein
imposanter Bau. Im Niederdorf dominierte die Fabrik Arnzt, vormals Pollak.
Der Großteil der Hilbetter war in diesem Unternehmen beschäftigt. Aus
den umliegenden Dörfern kamen viele zur Arbeit, sogar aus Landskron und
Böhmisch Trübau.
Im Oberort war die Mühle, vom Lagerhaus Landskron verwaltet, und
die Drei Brücken, ein Viadukt, bestehend aus drei Brückenbögen.
Darauf überquert die Eisenbahn Straße, Bach und Feldweg. Es gab
viele Brücken, denn die Treibe schlängelt sich in vielen Windungen
durch den Ort; bei der Mündung des Knappendorfer Baches war die
erste, die zweite unterhalb der Fabrik, beim Bräuhaus am Steg,
beim Armenhaus eine Brücke, bei der Mühle eine Holzbrücke,
ebenso beim Appelbauer, dann ein Steg beim Doletschek-Kaufmann
und wieder eine Brücke und ein Steg bei Drei Brücken.
Gasthäuser fehlten auch nicht. Das war das Gasthaus Budjarek,
Gasthaus Freudl, Bräuhaus-Restauration und das Gasthaus zu den
Drei Brücken mit dem Lichtspieltheater. Der Friedhof lag beim
Bahnübergang der Knappendorfer Straße, beim Wochter.
Das Schönste aber war der Wald, der sich im Südwesten des Ortes erhob und so den Ort abgrenzte. Auf der Ostseite erstreckten sich die Felder bis zum Erbgericht Knappendorf. Dort waren die Latten, der Queichgrund, der Angerlich und die Tol. Auch Rössler Bereiers Fröschpfetz war auf der Sonnenseite des Ortes. In ein paar Tümpeln und bei der Mühle konnte gebadet werden. Im Frühjahr und im Herbst fürchtete man Überschwemmungen. Auf die sumpfigen Pfützen ist der 1358 erwähnte Name Hulwadorf zurückzuführen.
An der Stelle der schadhaften Kapelle aus der Zeit um 1600 erbaut J. L. Mosbendrem 1755 die barocke Kirche zu St. Anna. Die 1718 und 1798 gegossenen Glocken mußten im 1. Weltkrieg abgeliefert werden. 1919 läuteten bereits neue Glocken. Das Kreuz vor der Kirche trägt die Jahreszahl 1817. Der 1893 angelegte Friedhof wurde 1918 erweitert. Zuletzt versorgte der Knappendorfer Pfarrer die Gemeinde
Ab 1760 brauchten die Kinder nicht mehr die Schule in der Stadt Wildenschwert
zu besuchen. 1765 vermachte Johann Barton sein Häuschen der Gemeinde,
welches zur ersten Schule wurde. Neue Schulhäuser entstanden 1816, 1830 und
1907. Oberlehrer Prause erwirkte für den 5-Klassenbau durch Sammlungen
vom Deutschen Schulverein 8000 K, vom Bund der Deutschen in Böhmen 3000 K
und aus dem Deutschen Reich 5500 K. Ab 1903 war die Schule 3-klassig.
1919 beschlagnahmte man für die neuerrichtete 2-klassige tschechische
Schule das Erdgeschoß der deutschen Schule. Das angebotene geräumige
alte Schulhaus war nicht angenommen worden.
Ein Kindergarten bestand schon 1889. Für das später nötige Gebäude
spendete der Deutsche Schulverein 4000 K, der Bund der Deutschen 2000 K
und weitere Spender 2724 K. Den Bauplatz kaufte der Fabrikbesitzer
Friedrich Pollak, und nochmals 3000 K gingen später vom Deutschen
Schulverein ein.
Der Erbgerichtsbesitzer k.k. Bezirksschulinspektor Johann Böhm führte nicht nur um 1870 die ersten landwirtschaftlichen Maschinen ein, er errichtete auch ein Internat für seine private Volks- und Bürgerschule.
1784 wurde Hilbetten eine selbständige Gemeinde. Nach einigen Jahren der Zugehörigkeit zu Wildenschwert war das Dorf ab 1938 wieder selbständig um schließlich nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1946 endgültig nach Wildenschwert eingemeindet zu werden.
1855 gründete Michael Booms die Seiden- und Wirkwarenfabrik, seit 1899 im Besitz der Familie Pollak, die sie wesentlich vergrößerte und zu einer Schafwoll- und Seidenwarenfabrik machte.
Weiters gab es 6 Lebensmittelgeschäfte, 4 Fleischer, 4 Herrenschneider, 3 Tischlereien, 2 Textilgeschäfte, je 2 Damenschneiderinnen, Schuhmacher, Friseure, 1 Brauerei auf 24 hl Guß, 1 Mühle mit Sägewerk, 1 Wirkerei mit Strickerei, je 1 Kohle-, Tabak- und Elektrogeschäft, Eisengießereien, 1 Schmied, 1 Bäckerei und Zuckerwarenerzeugung, je 1 Maler, Spengler, Mechaniker, Uhrmacher, Dachdecker. Das Dorf hatte 2 Bushaltestellen und besaß eine Wasserleitung.
Aufstellung über die Gründung der Vereine:
1889 Arbeiter-Bildungs- und Unterstützungsverein
1895 Gesang- und Leseverein
1898 Freiwillige Feuerwehr (dazu bestand die Betriebsfeuerwehr Fa. Pollak)
1901 Kindergartenverein
1902 Raiffeisenkasse, Gesangeverein, Deutscher Schulverein, Ortsgruppe des Bundes der Deutschen
1903 Deutscher Turnverein (von den Tschechen 1933 zwangsaufgelöst, 1938 wieder gegründet)
1904 Lokalorganisation der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (1918 aufgelöst)
1906 Union der Textilarbeiter Österreichs (1918 aufgelöst)
1911 Arbeiterturnverein (bis 1914)
1919 Allgemeiner Konsumverein (bsi 1938)
Für musische Aktivität sorgten noch der Deutsche Männergesangsverein, die
Musikkapelle Roller, die Musikspielgruppe unter Fr. Nowotny und das
Quartett Fritz Doletschek, Fredi Sedlak, Albert Freudl und Heinrich Sedlak.
Letzter Bürgermeister war Franz Klement, letzte Schulleiterin Helli Marschik.
[FG-01]