Dittersbach
Erste Erwähnung: | 1292 (Ditrichsbach) |
Einwohner 1930: | 537 |
Fläche: | 1015 ha |
Landkreis: | Landskron |
tschech. Name: | Horni Dobrouč |
In der Nordwest-Ecke des Schönhengstgaues liegt an der Ostflanke des
Steinberges der Sprachgrenzort Dittersbach. Die Bodenschwelle zwischen
Dittersbach und Michelsdorf mit nur 439 m Seehöhe ist ein Stück der
Wasserscheide zwischen Nordsee und Schwarzem Meer, weswegen Anfang
der 1920er-Jahre dieses Gelände für den Bahnbau und für den Durchstich
des Elbe-Donau-Kanals in Erwägung gezogen wurde. Fachleute haben das
Land vermessen und entnahmen Bodenproben. Das Dorf liegt in einer
3,6 km langen und 2,8 km breiten Talmulde zwischen dem hier steil
abfallenden Steinberg und der langgestreckten Hügelkette gegen
Sonnenaufgang. Die kurvenreiche Dorfstraße folgt hauptsächlich dem
Bach mit seinen 7 Quellbächlein. Auf der Talhöhe, dem Wasser
doch nahe, vor Überschwemmungen geschützt, stehen die 17 Bauernhöfe,
Stell oder Grund genannt.
Die Gemeinde umfaßte 5075 Metzen, die zur Hälfte für Ackerbau, zu
34% für Forstbetrieb und zu 16% als Wiesenfläche genutzt wurden.
Die frühere Bedeutung des Ortes mag wohl damit zusammenhängen, daß er auf der Verbindungslinie der zwei Hauptstützpunkte der Besiedlung unseres Gebietes liegt, an der Hohen Straße von der Festung Landsberg nach Landskron.
Von einem Erbrichter Niklas im Jahr 1328 ist zu lesen. In den
Hussitenkriegen bleibt das Dorf von Unheil nicht verschont, die
kleine Kirche auf dem Friedhof wird zerstört und der Ort nach
Böhmisch Rothwasser eingepfarrt. Die zerstörte Kirche von
1623 wurde 1677 durch eine Holzkirche ersetzt. In den Jahren
1767-70 wurde auf dem Kirchenrond die spätbarocke Dorfkirche,
dem hl. Johannes dem Täufer anvertraut, errichtet, der
vierkantige Turm 1799 angefügt. Zweimal im Monat mußten die
Gläubigen trotzdem den Weg nach Rothwasser machen.
Dieses 200 Jahre währende Abhängigkeitsverhältnis wollte man
aus der Welt schaffen. Durch Bürgerinitiative entstand ein
Pfarrhaus, in das endlich 1898 ein Pfarrer einziehen konnte.
Die Ausstattung der Kirche erfolgte zum großen Teil durch
Stiftungen: Hauptaltarbild von den Geschwistern Zeiner,
Seitenaltäre von Franz Simon und Mathilde Blaschke, die
Angst-Christi und die 1914 eingeweihte Glocke von den Geschwistern
Fischer. Die 1916 abgelieferten Glocken wurden 1923 durch neue
ersetzt.
Die Barock-Steingruppe 14 Nothelfer, 1730 aufgestellt, wurde vom Fürsten
in Auftrag gegeben für den glücklich verlaufenen Unfall seines Rentmeisters
Heissig.
1780 wurde das Kreuz bei der Kirche errichtet, danach weitere 11 Bildstöcke
und Wegkreuze; darüber hinaus begegnete man einer Anzahl von
Muttergottesbildern in verglasten Schränkchen.
Eine Schule in Dittersbach ist erstmalig 1713 bezeugt. Bis 1792 wurde in dem von der Herrschaft errichteten Schulhaus (Nr. 96) unterrichtet, bis 1842 in der Nr. 124. In diesem Jahr ließ der Fürst die 2-klassige Schule erbauen, die 1873 eingeweiht wurde. Im Jahr 1932 brachte es die Národní jednota fertig, im Unterort eine einklassige Minderheitsschule für 1 tschechisches Kind aus dem Dorf zu errichten. Aus dem Nachbarort holte man durch verlockende Angebote die fehlenden Kinder herbei. Auf Schuljahre begrenzt besuchten jedoch freiwillig Kinder aus Liebenthal die deutsche Schule in Dittersbach und Kinder aus Dittersbach die tschechische Schule in Liebenthal, jeweils um die Nachbarsprache zu erlernen.
In der Schwedenzeit raubten die Kroaten das Erbgericht völlig aus
und nahmen die Pferde mit. 1805 suchten russische und französische
Truppen das Dorf heim. 1866 bleibt das Regiment Heß 6 Wochen in
Dittersbach. Um 1840 beginnt das Aufblühen der Steinmetzarbeit in
den 6 Dittersbacher Steinbrüchen. In die bis 18 m hohen Sandsteinwände
trieben die Seinmetzen senkrechte Bohrlöcher. Weil eine darunterliegene
weichere Schicht vorher herausgegraben worden war, konnte so eine
ganze Steinwand abgesprengt werden. Neue Existenzmöglichkeiten boten
der Flachsbau, die Garnerzeugung und die Hausweberei mit Bleiche.
Bereits 1676 hatten die Brüder Blaschke das Garneinkaufsrecht
verliehen bekommen.
In den Jahrzehnten vor der Vertreibung besaß der Ort je 2 Schreiner, Stellmacher, Schmiede, Metzger, 3 Schuhmacher, 1 Friseur, 1 Schindelmacher, 4 Lebensmittelgeschäfte, 4 Gasthäuser, 1 Eierhändler, 2 Lohmühlen (Walzmühlen, davon eine mit Sägewerk), 1 Textilfabrik, 1 Busunternahmen, 1 landwirtschaftliches Casino, Poststele, 5 Bushaltestellen.
Im Dorf entwickelte sich ein reges Vereins- und Kulturleben. 1885 wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet, 1922 der Deutsche Turnverein, der sich aus der Schweineweide neben dem Erbgericht einen schönen Sport- und Turnplatz mitten im Dorfe schuf. Daneben begann 1931 der Bund der Landjugend seine heimatpolitische Volkstumsarbeit und die Pflege des Volkstanzes. Der Bund der Deutschen, der Schulverein oder DKV sorgten sich um die Erhaltung der deutschen Schule. Musikkapelle, Theatergruppen und Liedertafel taten das ihre zur Kurzweil gerade in den Wintertagen.
Im Ablauf des Kirchen- und Kalenderjahres hatten überlieferte Bräuche
ihren festen Zeitplan: Bärentreiben, Todverbrennen, Osterreiten,
Sonnwendfeuer, Schmeckostern, Gnod und Kirmes. Spinnräder schnurrten,
Dreschflegel klopften und die Dorfburschen warfen den berühmten
Oschntoopf in die Federstuben. Zu erwähnen wäre noch das
Vergloben, das aus einem Gelübde bestand, einen
bestimmten Wochentag zu heiligen und nur die allerdringenste Arbeit
zu tun. Solche Verspruchstage waren etwa der Valentinstag (Tag des
Viehpatrons), der Krumme Mittwoch, der Josefs- und der Annatag.
Im Frühjahr übten sich nächtlicherweise die Wehrpflichtigen im
Juchezen für die Assende (Musterung) und stellten im Dorf mancherlei
Unfug und Schabernack an.
Was nun die Mundart angeht, so fällt hier die Slawisierung der Rufnamen auf: Marie wird zu Ritsch, Ritschka, Manja; Josef zu Josl, Joschka, Sefferlik, Seffka, Pepka, Peppik; Franz zu Franzlik, Franta, Manzlik. Diese klangfremde Sprache ist wohl durch die Nähe zum tschechischen Liebenthal bedingt.
Wenn die Sonne hinter dem Steinberg versank, verriegelte der Hausvater s Haustortürrla, die Haustortür und die Mutter sang das Wiegenliedchen:
-
S Fiedlmatzla pann Toar
hot kroisletta Hoar,
ko fiedla un geign,
ko Hobrschtruh schneidn,
ko ockrn und eegn
un Maadlich eilegen.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts suchten 52 Dittersbacher aus Bauern und Häuslerfamilien ihr Glück in Amerika, viele fanden es.
Zuletzt war Josef Simon Bürgermeister, P. Guido Hlawatschka Pfarrer und Trude Wondra Schulleiterin.
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